Eine sinnvolle und wichtige Aufgabe

Ein Interview mit Verena Könekamp, Vorsitz des Aufsichtsrats

Der Aufsichtsrat der Lebenshilfe sucht drei neue Mitglieder

Seit rund 20 Jahren engagiert sich Verena Könekamp in der Lebenshilfe Esslingen. Die Mutter eines Sohnes mit Down Syndrom war zunächst Mitglied im ehrenamtlichen Vorstand, davon vier Jahre im Leitungsteam. Als 2018 ein hauptamtlicher Vorstand ins Amt kam, übernahm die 58-Jährige den Vorsitz des Aufsichtsrats. Diesen hat sie vor kurzem an Anja Raisch übergeben. Im Gespräch mit Ulrike Rapp-Hirrlinger erzählt Verena Könekamp, warum es aus ihrer Sicht wichtig ist, sich in der Lebenshilfe zu engagieren.

Im nächsten Jahr sind drei Posten im Aufsichtsrat neu zu besetzen. Was sollen die „Neuen“ mitbringen?

Verena Könekamp: Ich wünsche mir, dass sich vor allem jüngere Menschen für die Mitarbeit gewinnen lassen. Außerdem ist uns Vielseitigkeit wichtig. Im Aufsichtsrat sollten möglichst viele Interessensgebiete und Lebenssituationen abgebildet werden. Auch muss nicht jeder auf jedem Gebiet ein Fachmann sein. Wir profitieren von unterschiedlichen Kompetenzen im Team. Und man kann sich natürlich in vieles einarbeiten. Von neuen Mitgliedern erhoffen wir uns auch neue Ideen. Auch gute Netzwerker sind uns sehr willkommen. Und es sollen vor allem betroffene Familien zu Wort kommen.

Wie viel Zeit muss ein Aufsichtsrat mitbringen?

Verena Könekamp: Der Aufsichtsrat wird von der Mitgliederversammlung auf vier Jahre gewählt. Die Mitglieder dürfen höchstens zweimal wiedergewählt werden. Wir treffen uns viermal im Jahr und sind ein sehr nettes Team. Und wir sind sehr gut organisiert.

Welche Aufgaben hat der Aufsichtsrat?

Verena Könekamp: Der Aufsichtsrat stellt die Weichen, in welche Richtung es gehen soll. Er stößt Projekte oder Veränderungen an und muss natürlich ein Auge auf die wirtschaftlichen Zahlen haben. Da stehen wir derzeit übrigens top da. Die Lebenshilfe wird jährlich von einem externen Wirtschaftsprüfer geprüft. Und der Aufsichtsrat entscheidet über Erwerb und Veräußerung von Grundstücken. Außerdem beschließt er den Wirtschaftsplan. Auch beim Personal ist der Aufsichtsrat gefragt, zumindest was den Vorstand betrifft. Vor allem aber kontrollieren wir den Vorstand.

Auch da gibt es eine Änderung. Auf Fabian Treffert folgt Martin Wirthensohn als kaufmännischer Vorstand. Wie funktioniert die Zusammenarbeit?

Verena Könekamp: Wir arbeiten sehr vertrauensvoll zusammen. Der neue Vorstand mit Elke Willi als Vorsitzende und Martin Wirthensohn ist ein Dreamteam. Beide sind sehr verantwortungsvoll und mit viel Herzblut bei der Sache. Als Aufsichtsratsvorsitzende hatte ich regelmäßig Gespräche mit dem Vorstand und habe viele Einblicke in deren Arbeit bekommen. Die Lebenshilfe Esslingen ist stark gewachsen und hat inzwischen rund 220 Mitarbeitende. Damit hat sich deren Zahl in den letzten Jahren mehr als verdoppelt.

Welche Themen sind in der Lebenshilfe Esslingen wichtig?

Verena Könekamp: Wir decken ein breites Spektrum ab. Da ist der Bereich Freizeit mit den Angeboten der Offenen Hilfen und dem Familienentlastenden Dienst. Aber wir übernehmen auch Aufgaben in den Bereichen Schule und Arbeit. So sind wir an den Werkstätten Esslingen-Kirchheim (WEK) und dem Verein für Betreuungen beteiligt.

Und aktuell?

Verena Könekamp: Ein großes Thema ist immer das Wohnen. Die Lebenshilfe bietet viele verschiedene Wohnformen an – von der intensiven Betreuung im Wohnheim über ambulant begleitetes Wohnen in unterschiedlicher Intensität bis hin zu ganz offenen Wohnformen in inklusiven Wohngemeinschaften. Im Moment beschäftigt uns vor allem auch der Neubau, der das Wohnheim in der Esslinger Palmstraße ersetzen soll.

Was motiviert Sie persönlich zu Ihrem Engagement?

Verena Könekamp: Auch wenn manches erreicht wurde, läuft vieles noch nicht so, wie es eigentlich sollte. Deshalb ist es mir wichtig, den Anliegen und Bedürfnissen von Menschen mit Behinderung Gehör zu verschaffen. Ich habe in den Jahren meines Engagements erlebt, dass ich etwas bewegen kann. Im Ehrenamt kann man sich außerdem mit Ideen und Zielen beschäftigen. Diese umzusetzen ist dann Aufgabe der hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Welche Schwerpunkte setzen Sie persönlich?

Verena Könekamp: Mein Schwerpunkt ist das Thema Inklusion. Vor allem in der Schule sind wir noch lange nicht so weit gekommen, wie es wünschenswert wäre. Da passen die Rahmenbedingungen noch nicht. Es müsste mehr Geld investiert werden, um zum Beispiel mehr Pädagogen in den Klassen zu haben. Für mich bedeutet Inklusion, dem Einzelnen die richtige Entscheidung für sein Leben zu ermöglichen und seine Selbständigkeit zu fördern, wie ich das bei meinem Sohn Julius tue.

Warum ist es wichtig, sich in der Lebenshilfe zu engagieren?

Verena Könekamp: Wir müssen Menschen mit Behinderung politisches Gehör verschaffen. Die Lebenshilfe ist nicht nur lokal, sondern über ihre Landesverbände und die Bundesvereinigung auf verschiedenen Ebenen aktiv. Durch die Einbindung in eine große Struktur kann man auch politisch etwas bewegen. Für mich ist das Engagement in der Lebenshilfe eine wirklich sinnvolle und wichtige Aufgabe.